Editorial

«Wir waren schon immer kreativ, lösungs­orientiert und schnell»

Editorial

«Wir waren schon immer kreativ, lösungs­orientiert und schnell»

Verwaltungsratspräsident Werner Schurter und Unternehmensleiterin Claudia Bossert blicken im Doppel­interview auf das vergangene Jahr zurück. Sie freuen sich über den Fortschritt im Projekt Flirt Evo und die erneute Rekordzahl an Fahrgästen. Doch Letzteres birgt auch Heraus­forderungen.

Verwaltungsratspräsident Werner Schurter und Unternehmensleiterin Claudia Bossert blicken im Doppelinterview auf das vergangene Jahr zurück. Sie freuen sich über den Fortschritt im Projekt Flirt Evo und die erneut hohe Anzahl Fahrgäste. Doch Letzteres birgt auch Herausforderungen.

Was ist Ihr persönlicher Jahreshöhepunkt 2024?

CB: Höhepunkte gab es viele. Das Wichtigste ist für mich, dass wir unseren Kund:innen einen sicheren und pünktlichen Betrieb bieten konnten und keine schweren Unfälle von Reisenden oder Mitarbeitenden verzeichnen mussten.

WS: Von meiner Seit her ist es eindeutig die Präsentation der neuen Flirt Evo von Thurbo, RegionAlps und SBB in der sich im Bau befindenden Serviceanlage von Thurbo in Weinfelden. Dass so viele hochkarätige Gäste wie der Thurgauer Regierungspräsident Walter Schönholzer, SBB CEO Vincent Ducrot, Stadler-Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler sowie zahlreiche Medienschaffende den Weg nach Weinfelden gefunden haben, unterstreicht die grosse Bedeutung des Projekts und von Thurbo.

Sie freuen sich auf den Flirt Evo von Thurbo: Walter Schönholzer, Regierungspräsident Kanton Thurgau; Claudia Bossert, Unternehmensleiterin Thurbo AG; Werner Schurter, Verwaltungsratspräsident Thurbo AG und Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident Stadler (von links).

Bild: SBB Multimedia

Sie sprechen die Erstpräsentation des Flirt Evo an, die in der noch nicht ganz fertigen Serviceanlage in Weinfelden stattgefunden hat. Wieso war sie der perfekte Rahmen für den Anlass?

WS: Die Halle, welche Thurbo gehört, aber durch die SBB betrieben wird, steht symbolisch für die gute Zusammenarbeit zwischen Mutter und Tochter. Ausserdem sind die Rollmaterialbeschaffung Flirt Evo und der Umbau der alten Werkstätte in eine moderne Serviceanlage bedeutende strategische Weichenstellungen, um die Wettbewerbsfähigkeit von Thurbo weiter zu stärken. Nicht zuletzt verkörpert die Halle die Synergien, welche mit der gemeinsamen Beschaffung genutzt werden können: Die Flirt Evo aller drei Projektpartner werden in Weinfelden für den Betrieb vorbereitet, da sich die Anlage in unmittelbarer Nähe des Produktionsstandorts Bussnang befindet.

CB: Wir sind vor vier Jahren mit dem Beschaffungsprojekt gestartet. Nun zum ersten Mal den fertigen Zug zu sehen, hat mich für alle, die sich bei der Entwicklung dieses Fahrzeugs mit Akribie um jedes Detail kümmern, unglaublich gefreut. Und die Kund:innen dürfen sich ebenfalls freuen.

Was hat im vergangenen Jahr sonst noch für Freude gesorgt?

WS: Die konstruktive, kunden- und stets lösungsorientierte Zusammenarbeit mit der sehr motivierten Thurbo Geschäftsleitung und den anderen Verwaltungsratsmitgliedern. Zudem die vielen Fahrten in Thurbo Zügen durch schöne Landschaften der Ostschweiz mit sehr engagierten und freundlichen Lokführer:innen und Kundenbegleiter:innen.

CB: Mit der Erweiterung des Nachtnetzes um 30 zusätzliche Züge am Wochenende und der Verlängerung der S7 bis Lindau-Insel konnten wir für die Kund:innen punkto Angebot einen echten Mehrwert schaffen. Der nächste Schritt zum Ausbau des grenzüberschreitenden Angebots Richtung Vorarlberg ist bereits in Planung. Und natürlich die erneut hohe Zahl an Fahrgästen mit über 35,2 Millionen.

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Claudia Bossert
Mit den farbigen Türen und Kopfpolstern bleibt das Marken­zeichen von Thurbo auch in den neuen Flirt Evo erhalten.

Claudia Bossert Unternehmensleiterin Thurbo

Neben Höhepunkten gibt es immer auch Herausforderungen.

CB: Die Zunahme an Fahrgästen ist zugleich eine Herausforderung, weil der Platz im Zug knapper wird. Wir haben weder genug Fahrzeuge noch ausreichend lange Perrons, um die Züge weiter zu verlängern. Herausfordernd war auch die Bewältigung der beiden Hangrutsche in Kehlhof und St. Gallen St. Fiden, die den Betrieb während Monaten eingeschränkt haben. Ein Grossteil der Fahrzeugumläufe und Lokpersonaltouren mussten neu geplant werden. Das haben wir nur geschafft, weil unsere Mitarbeitenden flexibel waren und Sondereinsätze geleistet haben. Sie haben einen grossen Dank verdient.

Was bedeutet das hohe Fahrgastaufkommen für die Strategie von Thurbo?

WS: Primär, dass Thurbo langfristig genügend Rollmaterial in Umlauf hat sowie die hohe Kundenqualität sicherstellen muss. Das fordert die Mitarbeitenden der Regionalbahn täglich.

Der St. ­Galler Regierungsrat Beat Tinner lobt in seinem Gastbeitrag die Agilität und die Eigeninitiative der Regionalbahn. Offenbar schätzen die Bestellerkantone die Arbeit Ihres Unternehmens.

CB: Thurbo war schon immer kreativ, lösungsorientiert und schnell. Das prägt unsere DNA. Auch unsere Bestellerkantone wissen dies zu schätzen. Wir freuen uns, wenn wir im guten Zusammenspiel mit den Kantonen pragmatische Lösungen zur Verbesserung des öV in der Ostschweiz umsetzen können.

Im August 2024 fing ein neuer Bereichsleiter Finanzen bei Thurbo an, 2025 gibt es aufgrund von Pensionierungen zwei weitere Wechsel in der Geschäftsleitung. Wie wirken sich personelle Veränderungen auf dieser Stufe auf das Unternehmen und die Zusammenarbeit in der GL aus?

CB: Natürlich hinterlässt der Weggang von erfahrenen und engagierten Führungskräften Lücken. Spannend ist, dass jede Veränderung eine neue Dynamik in ein Gremium bringt. Wir haben wieder ein hoch motiviertes GL-Team und ich freue mich auf die Zusammenarbeit.

GL Gruppenfoto

Die Geschäftsleitung der Thurbo AG per 31. Dezember 2024. Von links, stehend: Urs Sennhauser (Leiter Betrieb), Regula Bolliger (Leiterin Human Resources Management), Antonia Kyburz (Leiterin Sicherheit, Prozesse, Qualität). Von links, sitzend: Fabian Schrenk (Leiter Finanzen), Claudia Bossert (Unternehmensleiterin), Christian Baumgartner (Leiter Markt), Martin Hochreutener (Leiter Technik). Bild: Thurbo AG

Auch der Verwaltungsrat erfuhr 2024 eine Veränderung. Mit Brigitte Häberli-Koller wurde eine politisch bekannte Persönlichkeit als Vertretung des Kantons Thurgau ins Gremium gewählt.

WS: Das ist sehr erfreulich. Mit Ständerätin Brigitte Häberli-Koller haben wir im Verwaltungsrat eine profilierte Politikerin, welche die Anliegen von Thurbo und des gesamten öffentlichen Verkehrs in der Ostschweiz auf kantonaler und vor allem nationaler Ebene stärken wird. Als Mitglied der ständerätlichen Verkehrskommission bringt sie viel öV-Wissen mit.

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Werner Schurter
Thurbo muss langfristig genügend Rollmaterial in Umlauf haben sowie die hohe Kundenqualität sicherstellen.

Werner Schurter Verwaltungsratspräsident Thurbo

Wie bewerten Sie das Jahresergebnis von Thurbo, das zum dritten Mal hintereinander positiv ausfällt?

WS: Ein positives Jahresergebnis ist immer erfreulich, obwohl die Offerten auf eine «schwarze Null» ausgelegt sind. Das Ergebnis ist vor allem auf wesentlich mehr Personenverkehrserträge und auf das hohe Kostenbewusstsein von Thurbo zurückzuführen.

CB: Auch wenn im Regionalverkehr keine Gewinne angestrebt werden, ist das positive Ergebnis erfreulich. Thurbo benötigt als Folge der positiven Entwicklung in den kommenden Jahren deutlich weniger Abgeltungen von Bund und Kantonen, was die Steuerzahler:innen entlastet.

Zum Schluss zu einem kleinen Detail mit grosser Wirkung: Die zukünftigen Züge haben neu das «t» aus dem Thurbo Logo auf der Front. Was bedeutet das für Thurbo?

CB: Mit dem schwarz-roten Band unterstreicht der neue Zug unsere Zugehörigkeit zur SBB Familie. Gleichzeitig bleibt mit den farbigen Türen und Sitzpolstern das typische Markenzeichen von Thurbo erhalten. Das «t» auf der Front verstärkt unsere Verankerung in der Ostschweiz.

Neu prägt das «t» aus dem Logo von Thurbo die Front des Zuges.

Bild: SBB Multimedia

Und im Gegenzug: Wie wird Thurbo im Mutterkonzern SBB wahrgenommen, gerade seit der engen Zusammenarbeit im Projekt Flirt Evo?

WS: Das gemeinsame Projekt Flirt Evo hat die Zusammenarbeit zwischen der SBB und Thurbo im positiven Sinn gefördert und verstärkt. So konnten gegenseitig Synergien sowie das grosse Know-how bezüglich des Rollmaterials von SBB und Thurbo genutzt werden, weshalb das Projekt auf Kurs ist.

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